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Interview mit FC-Kapitän Michel Schwarz

Hallo Michel,

schön, dass du dir ein paar Minuten Zeit genommen hast, um etwas die bisherige Hinrunde der Oberliga-Saison 2020/21 bis zum Lockdown zu beleuchten.

 

FC Grimma: Die letzte Saison wurde nach zwei Dritteln aufgrund der Corona-Pandemie abgebrochen, das laufende Spieljahr ist gerade aufgrund eines erneuten Lockdowns wiederum unterbrochen. Ein Trainings- und Spielbetrieb ist momentan untersagt – man hofft auf eine schnelle Wiederaufnahme. Ich kann mir vorstellen, dass die momentane Situation extrem nervt, oder?

Michel Schwarz: „Das kann man wohl so sagen, ja! Nachdem der erste Lockdown überstanden war, hatte man endlich wieder ein Ziel vor Augen. Die Vorbereitung lief, wir haben hart gearbeitet, jeder war voll fokussiert und jedem Einzelnen hat es im Fuß gekribbelt. Aufgrund dessen, dass wir so fulminant in die Saison gestartet sind, ist es jetzt umso bitterer wieder pausieren zu müssen.“

 

FC Grimma: Wie sieht Dein momentaner Tagesablauf aus, wenn man den abendlichen Trainingseinheiten leider nicht nachkommen darf?

Michel Schwarz: „Nach zwei Wochen ohne Training merke ich, dass nicht nur der Fußball fehlt, sondern auch der soziale Kontakt mit den Jungs! Ob es Ende November wieder losgehen kann oder nicht, ist schwer zu sagen. Wir wollen natürlich auf den frühestmöglichen Termin vorbereitet sein und haben vom Trainer einen Lauf-Plan bekommen, indem in Intervallen gearbeitet werden soll. Außerdem treffen wir uns an den Trainingstagen via ZOOM im virtuellen Raum und trainieren die Grundlagen Kraft und Stabilität.“

 

FC Grimma: Zum Sportlichen: Mit 17 Punkten steht die Mannschaft derzeit auf einem sehr guten 6. Tabellenplatz. Worin siehst Du die Gründe für den bisherigen positiven Saisonverlauf?

Michel Schwarz: „Ich denke, wenn uns einer vor der Saison gesagt hätte, dass wir nach neun Spielen 17 Punkte holen, hätten wir das alle so unterschrieben! Die Gründe sind einfach zu nennen. Wir haben eine sehr gute und verletzungsfreie Vorbereitung absolviert, jeder hat mitgezogen, die Neuzugänge haben sich sofort integriert und wurden von der Mannschaft direkt aufgenommen. Durch diverse Verletzungen, die leider pünktlich zu Saisonbeginn anfingen, hat die Mannschaft nicht den Kopf in den Sand gesteckt. Ganz im Gegenteil – es hat uns noch viel mehr zusammengeschweißt. Jeder Spieler hat gemerkt, dass er gebraucht wird und ich denke genau dieses „WIR-Gefühl“ war der Schlüssel zu diesem ersten Teilerfolg von 17 Punkten.“

 

FC Grimma: Du warst in der Hinrunde lange Zeit verletzt. Im Pokalspiel gegen den Chemnitzer FC feiertest Du nach mehreren Wochen dein Comeback. Wie siehst Du deine aktuelle körperliche Verfassung? Bist Du wieder bei 100 Prozent?

Michel Schwarz: „Bei 100 Prozent bin ich noch nicht, dazu war ich zu lange raus. Aber ich bin auf einem guten Weg und steigere stetig mein Pensum. Dass es gegen Chemnitz und Plauen für die Startelf nicht reichte, war mir bewusst. Gegen Neugersdorf habe ich dann das Vertrauen vom Trainer bekommen und habe 90 Minuten gespielt. Umso ärgerlicher ist es jetzt wieder pausieren zu müssen. Das ganz klare Ziel ist es nicht ein drittes Mal wieder bei null anzufangen!“

 

FC Grimma: Du bist im Juli 2012 vom FC Bad Lausick nach Grimma gewechselt und seit April 2013 für die Herren spielberechtigt. Demzufolge bist Du einer der altgedienten Spieler in der Mannschaft, obwohl Du erst 25 Jahre bist. Seit der Saison 2012/13 geht es sportlich im Verein steil bergauf. Was sind, Deiner Meinung nach, die Gründe dafür?

Michel Schwarz: „Rein aus sportlicher Sicht bin ich der Meinung, dass wir vom Kader her schon immer eine hohe Qualität hatten. Wir haben uns von Saison zu Saison gesteigert und haben gemerkt, dass wir zu viel mehr in der Lage sind. Wir wurden in den Jahren 15/16, 16/17 und 17/18 dreimal Dritter und haben am Aufstieg geschnuppert. In der darauffolgenden Saison sollte es dann passieren. Mit dem Trainerwechsel kam noch einmal neuer Schwung in die Mannschaft. Mit Alexander Kunert und Rico Engler hatten wir ein Trainerteam, mit dem ein Teil von uns noch einige Jahre zusammengespielt hat. Die Mannschaft hat sich extrem verjüngt und es ist uns gelungen bereits fünf Spieltage vor Schluss den Aufstieg fest zu machen. Nach einer soliden ersten Oberliga-Saison, die wir mit Platz zehn abgeschlossen haben, sind wir auch jetzt wieder auf einem guten Weg uns zu verbessern, was uns punktetechnisch zum jetzigen Zeitpunkt schon gelungen ist. Wir sind eine sehr intakte Truppe, mit talentierten Spielern, einem enorm hohen Teamgeist und Zusammenhalt. Das ist das, was uns in den letzten Jahren ausgezeichnet hat.“

 

FC Grimma: Seit dieser Saison bist Du Kapitän der Mannschaft. Worin liegen deine Hauptaufgaben auf und neben dem Platz?

Michel Schwarz: „Auf dem Platz ist meine Aufgabe der verlängerte Arm des Trainers zu sein. In Situationen, in denen die Emotionen hochkochen oder es hektisch wird, die Ruhe zu bewahren, der erste Ansprechpartner für den Schiedsrichter zu sein und die Ordnung wieder rein zu bringen, damit wir unseren Matchplan verfolgen können. Neben dem Platz gilt es für mich das Sprachrohr zwischen den Spielern und dem Trainer zu sein und darum eine Art Vorbildfunktion, gerade für die jungen Spieler, darzustellen. Klar bin ich selbst erst 25 und mit „Vorbild“ ist nicht gemeint, dass man zu mir aufblicken muss, sondern dass neben dem Spaß, der dazugehört, auch eine gewisse Ernsthaftigkeit, speziell in den Trainingseinheiten, vorhanden ist.“

 

FC Grimma: Wenn die Saison fortgesetzt wird, steht das Auswärtsspiel beim Tabellenzweiten VfL Halle 96 an? Wie schätzt Du den Gegner ein?

Michel Schwarz: „Ich schätze Halle dieses Jahr stark ein! Es ist eine spielstarke Mannschaft, die sehr gut in die Saison gestartet ist. Außerdem haben sie mit Tommy Kind einen Spieler zurückgeholt, der weiß wo das Tor steht. Anders als letztes Jahr müssen wir von Anfang an hellwach sein, um nicht wieder einem 0:2-Rückstand hinterherrennen zu müssen.“

 

FC Grimma: Was sind Deine Ziele mit der Mannschaft für die Saison 2020/21?

Michel Schwarz: „In erster Linie die Klasse zu halten. Wenn am Ende ein einstelliger Tabellenplatz dabei rauskommt, nehmen wir das natürlich gerne mit! Des Weiteren ist es wichtig, dass das Positive überwiegt und wir in schwierigen Zeiten eng zusammenrücken und diese gemeinsam bewältigen.“

 

FC Grimma: Fußballerisch bist du ja familiär etwas gebrandmarkt. Dein Vater Heiko Brestrich war jahrelanger DDR-Oberligaspieler beim Berliner FC Dynamo sowie bei Stahl Brandenburg und bis zum Sommer als Trainer bei Kickers Markkleeberg tätig. Gibt es Sachen, die Du von ihm sportlich mitnehmen konntest? Holst Du Dir, wenn nötig, von ihm auch Tipps?

Michel Schwarz: „Ich stehe regelmäßig mit meinem Vater in Kontakt. Es gibt viele Dinge worüber wir reden und in denen er mir viele Tipps gibt. Gerade in meinen Anfangsjahren als junger Spieler war es wichtig, wenn es mal nicht so rund lief, sich Rat bei ihm zu holen. Sportlich gesehen habe ich neben seinem Spitznamen „Brese“ auch seinen Ehrgeiz übernommen. Wir sind beides Typen die einfach nicht verlieren können. Ich habe von ihm gelernt, dass es immer Höhen und Tiefen im Fußball gibt und das genau der Grund ist was diesen Sport ausmacht.“

 

FC Grimma: Gibt es in Deiner fußballerischen Karriere noch Dinge, die Du gern erreichen möchtest?

Michel Schwarz: „Ich würde mir in den kommenden Jahren wünschen in erster Linie verletzungsfrei zu bleiben. Ich will mich mit dem FC Grimma in der Oberliga etablieren und jedes Jahr verbessern, um noch erfolgreicheren Fußball zu spielen. Außerdem greifen wir jedes Jahr aufs Neue im Sachsenpokal an, um endlich mal mit etwas Losglück und einer konzentrierten Leistung in ein Halbfinale bzw. in ein Finale einziehen zu können. Wenn du einmal in einem Finale stehst, ist alles möglich. Einmal mit Grimma im DFB-Pokal stehen, wäre schon ein großer Traum.“

 

FC Grimma: Was sind Deine Wünsche für die kommenden Wochen und Monate?

Michel Schwarz: „Mein Wunsch ist es, dass wir alle gesund bleiben, dass sich jeder an die Auflagen der Regierung bzgl. der Pandemie hält, damit das soziale Leben endlich wieder in Fahrt kommt und wir so schnell wie möglich zurück auf die grüne Wiese dürfen!“

Vielen Dank für das freundliche Gespräch und alles Gute für den Rest der Saison!

Interview: Tom Rietzschel / Foto: Karsten Hannover