Datum: Sonntag, 21.09.1997
Anstoß: 14.00 Uhr
Spielort: Paul-Greifzu-Stadion, Dessau
Ergebnis: 4:1 (2:0)
Zuschauer: 250
FC Anhalt Dessau – SV 1919 Grimma 4:1 (2:0)
Dessau: folgt – Spielertrainer: Wolf
Grimma: Mieglitz – Wohllebe, Gießner, Liebich, Zieger, Hannig, Wimberger, Braun, Krahl, Birnbaum, Pörschmann – Trainer: Lisiewicz
Schiedsrichter: Misdziol (Hennigsdorf) – Tore: 1:0 Schwarzer (26.), 2:0 Renger (32.), 2:1 Zieger (62.), 3:1 Renger (74.), 4:1 Schreiter (90.) – Gelb-Rote Karten: Vogelsang (Dessau) wegen wiederholten Foulspiels (65.) – Zuschauer: 250 im Paul-Greifzu-Stadion (Nebenplatz) zu Dessau
Den Muldestädtern fehlte in Dessau der letzte Biss
Dessau. Vor einer Woche noch hochgelobt, wollten die Oberligafußballer auch beim Tabellenschlusslicht, FC Anhalt Dessau, Nägel mit Köpfen machen, nochmal drei Punkte auf der Habenseite verbuchen. Allein beim Wollen blieb es. Durch eine völlig indiskutable Leistung verhalf man den bis dato sieglosen Anhaltern zum ersten Triumpf.
Vor dem Spiel gleich eine böse Überraschung: Libero und Kapitän Löwe konnte verletzungsbedingt nicht aufgestellt werden. Mit Lichtenberger und Winkler hatte Grimma nur noch zwei Auswechsler. Torhüter Mieglitz wurde schon moralisch darauf vorbereitet, in der zweiten Halbzeit eventuell als Feldspieler zu fungieren. „Wenn wir hier mit dem gleichen Engagement wie gegen Dresden Nord antreten“, beschwor Trainer Rainer Lisiewicz seine Mannschaft, „ist auf jeden Fall etwas drin. Einer muss wieder für den anderen kämpfen!“ Aber es war, als hätte er seine Worte nur an die Kabinenwand gesprochen. Nach dem Anpfiff sah sich der SV 1919 gleich vehementen Angriffen der Dessauer ausgesetzt. Die Abwehr musste Schwerstarbeit leisten.
Trotzdem hatte die Lisiewicz-Elf die erste Großchance, Doch Krahl (10.) zögerte zu lange mit dem Torschuss, ließ sich den Ball noch vom Schlappen nehmen. Schon hier zeigte sich, welchen Trumpf die Gastgeber auszuspielen gedachten. Anhalt verzichtete auf jegliche Schnörkeleien, spielte konsequent hart und hatte damit Erfolg. Nach der Begegnung konnte Anhalt-Kapitän Wolf ob der sechs Gelben Karten für seine Mannschaft wieder lachen: „Das war eben Leidenschaft!“
Und genau diese vermisste man beim SV 1919. Trainer Rainer Lisiewicz umriss es knapp und hart: „Uns hat heute alles gefehlt, was Fußball ausmacht.“ Wie recht er hatte! Schon in der 23. Minute deutete Anhalt seine Gefährlichkeit an. Nachdem Krahl eine Eingabe von Wimberger verpasst hatte, musste Mieglitz im Gegenzug gegen den aus abseitsverdächtiger Position startenden Schwarzer mit einer Glanzparade retten.
Allerdings schien der Grimmaer Keeper am Führungstreffer für Dessau nicht ganz unbeteiligt. Vogelsang (26.) war schon bis zur Grundlinie abgedrängt, konnte dort kaum noch Schaden anrichten. Als Mieglitz ihm dennoch entgegenstürzt, kann der Dessauer das Leder zu Schwarzer spitzeln, der eigentlich nur noch den Fuß hinhalten muss, um den Führungstreffer zu erzielen.
Und weil das so gut klappte, setzten die Gastgeber sechs Minuten später noch einen drauf. Renger kann sich gegen Wohllebe behaupten, behält die Übersicht und. schießt seine Mannschaft mit 2:0 in Front. Der Sekundenzeiger hatte noch keine volle Umdrehung gemacht, als Mieglitz wieder einmal Schwarzer den Schneid abkaufen musste. Danach zirkelte Wimberger (38.) einen seiner gefürchteten Freistöße auf den Kasten von Tuchel. Der aber macht mit toller Parade den möglichen Anschlusstreffer zunichte. Kurz vor der Halbzeit wäre dieser ganz wichtig gewesen. Aber als auch noch Birnbaum (44.) in aussichtsreicher Position vergibt, geht es mit einem Zwei-Tore-Rückstand in die Kabine.
Dort fiel die Predigt von Trainer Rainer Lisiewicz sicher nicht gerade leise aus. Denn nach dem Seitenwechsel zeigte sich Grimma gewillt, wenigstens noch einen Punkt zu retten. Genährt wurde die Hoffnung durch den Anschlusstreffer. Zieger (63.) hatte aus gut 18 Metern abgezogen. Der aufsetzende Ball sprang Tuchel über die Arme ins Netz. Wer weiß, wie es gelaufen wäre, hätte Schiedsrichter Misdziol (Hennigsdorf) bei einer Strafraum-Attacke von Linge gegen Liebich (65.) auf den Elfmeterpunkt gezeigt.
So aber erzielten die nimmermüde kämpfenden Gastgeber das nicht einmal unverdiente 3:1. Bei einem Konter ist Renger (74.) zur Stelle und erzielt die Vorentscheidung in Unterzahl. Vogelsang (schon mit Gelb vorbelastet) wurde nach einem rüden Foul an Pörschmann mit der Ampelkarte von Misdziol zum Duschen geschickt (65.) .
Zwar gab Grimma nicht auf, doch der letzte Biss fehlte. Die Aktionen wirkten zu bieder, zu brav. Die Stürmer fühlten sich bei ihren Bewachern so wohl, dass es ihnen kaum einmal in den Sinn kam, dem Ball entgegen zu laufen Auch in Mittelfeld und Abwehr wirkten die Aktionen zu zaghaft. Hier hätte man durchaus beherzter zu Werke gehen können. Wie's gemacht wird, demonstrierte Dessau. Die Anhalter kassierten zwar sechs Gelbe Karten (Grimma nur drei) gewannen aber das Spiel. Sogar noch mit 4:1, denn Verteidiger Sehreiter überwand Sekunden vor Schluss bei einem Konter Torwart Mieglitz mit einem Kopfball.
Nach der Begegnung blieb der bittere Beigeschmack, dass Grimma nach dem Dresden-Triumpf nun ganz schnell wieder das „zweite Gesicht“ gezeigt hatte. Ob es das wahre ist? Durch diese Niederlage hat sich die Mannschaft im kommenden Heimspiel gegen Jenaer Glaswerk wieder in Zugzwang gebracht. Ob's hilft, wird sich am Sonntag zeigen. Trainer Rainer Lisiewicz war ratlos: „Was soll man da noch sagen. Vor einer Woche eine sehr gute Leistung, heute hat jeder gespielt, wie er wollte. Dabei hat aber all das gefehlt, was Fußball eigentlich ausmacht. Leidenschaft, wie sie Dessau an den Tag gelegt hat, habe ich bei meiner Mannschaft gänzlich vermisst.“
Andreas Rücker
Grimmaer gehen mit dem letzten Aufgebot unter
Dessau. Das Gastspiel der Grimmaer bei Anhalt Dessau stand unter keinem guten Zeichen, als kurz vor dem Spiel auch noch Libero Löwe ausfiel. So war die Mannschaft gezwungen, mit dem letzten Aufgebot anzutreten. Die erste Großchance für die Grimmaer hatte Ingo Krahl (10.), aber er ließ sich den Ball vom Fuß nehmen. Danach verlief die erste Halbzeit optisch recht ausgeglichen. In der 23. Minute gleich noch eine Chance für Krahl, der eine Eingabe von Wimberger verpasste. Im Gegenzug konnte Torwart Mieglitz nur durch eine Glanzparade den Rückstand verhindern. Doch im Anschluss gelang den Dessauern durch einen Doppelschlag das 2:0. Schwarzer schoss in der 26. Minute mit dem 1:0 und sechs Minuten später besorgte Renger das 2:0.
Der Anschlusstreffer fiel erst in der zweiten Halbzeit. Zieger schoss in der 62. Minute aus 18 Metern mit einem Aufsetzer, über die Arme des Dessauer Keepers hinweg ins Tor. Im Anschluss daran entbrannte eine Grimmaer Offensive, der Ausgleich wollte aber nicht gelingen. In der 74. Minute erzielte der Dessauer Renger durch einen Konter das vorentscheidende 3:1. Mit dem 4:1 durch Sehreiter in der Schlussminute erfolgte der endgültige K.o.
Andreas Rücker
Dessau. Das 1:4 beim Tabellenletzten aus Dessau täuscht zwar ein wenig über den Spielverlauf hinweg, nichtsdestotrotz eine enttäuschende Leistung der gesamten Grimmaer Mannschaft.
In der Defensive zu inkonsequent und nachlässig (nun schon 21 Gegentore in sieben Spielen), im Offensivbereich zu durchsichtig und beim Abschluss zu unentschlossen – so lautet das nüchterne Fazit nach der vierten Auswärtsniederlage. Trotz Ziegers Anschlusstreffers nach 62 Minuten konnte das Blatt nicht mehr gewendet werden.
Leipziger Fußball-Jahrbuch 1997/98
FC Carl Zeiss Jena Amat. – Dresdner SC 1:2
SV 1910 Kahla – FSV Hoyerswerda 0:1
FV Zeulenroda – VfB Chemnitz 0:0
SV Fortuna Magdeburg – Bischofswerdaer FV 08 4:0
FV Dresden Nord – Bornaer SV 2:1
Hallescher FC – 1. Suhler SV 06 4:0
SV JENAer Glaswerk – VfL Halle 96 3:1
FC Anhalt Dessau – SV 1919 Grimma 4:1