Hallo Alexander,
schön, dass Du Dir ein paar Minuten Zeit genommen hast, um etwas die bisherige Hinrunde der Oberliga-Saison 2021/22 bis zum Lockdown zu beleuchten.
FC Grimma: Wie bereits in den zwei vergangenen Spielserien ist die Saison aufgrund der andauernden Corona-Pandemie erneut unterbrochen. 14 Punkte aus 13 Begegnungen stehen bisher auf der Habenseite. Wie bist Du mit der bisher gespielten Saison zufrieden?
Alexander Kunert: „Wenn man jetzt wieder in eine Zwangspause und somit vorab in die Winterpause geschickt wird, und dabei einen Blick auf die Tabelle wagt, kann man erst einmal leicht durchatmen, nicht auf einem direkten Abstiegsplatz zu überwintern. Aber ehrlich gesagt, sind wir als Team natürlich nicht zufrieden mit der bisherigen Punkteausbeute und dem damit verbundenen Tabellenplatz. Auch weil die meisten Spiele nicht das wahre Gesicht und die vorhandene Qualität der Mannschaft widergespiegelt haben.“
FC Grimma: Worin siehst Du die Gründe für die schwankenden Leistungen? Mit welchen Schwierigkeiten hattest Du und das Team zu kämpfen?
Alexander Kunert: „Ich glaube, es gibt eine Reihe von Ursachen, die ich jetzt hier nicht im Detail erläutern möchte, sondern intern mit den Jungs aufarbeite und bespreche. Anzusprechen ist sicherlich der verletzungsbedingte Ausfall einer Reihe von Spielern zu Saisonbeginn – darunter wichtige Säulen der Mannschaft. Auch, dass einige Spieler es oftmals nicht geschafft haben, ihr Leistungsvermögen abzurufen. Nur um ein paar Gründe zu nennen.“
FC Grimma: Wenn man Alexander Irwin miteinbezieht, der erst im Oktober seine Spielberechtigung bekommen hat, präsentierte man insgesamt sieben Neuzugänge – davon drei aus dem eigenen Nachwuchs. Wie fällt Dein Urteil über die neuen Spieler bisher aus?
Alexander Kunert: „Für ein Urteil ist es ein wenig zu früh, nennen wir es nach 14 Spielen mal ein Zwischenfazit (lacht)… Von den drei Spielern aus dem eigenen Nachwuchs muss man ganz klar Matty Goldammer hervorheben. Mit seiner gewissen Unbekümmertheit und seiner Dynamik hat er sich zu mehr als nur einem Ergänzungsspieler entwickelt. Lennard Wenzel fasst immer mehr Fuß im Männerbereich, dies hat er auch in seinen Kurzeinsätzen unter Beweis gestellt. Phillip Voigtländer benötigt Spielpraxis, wie natürlich auch jeder junge Spieler. Hier wäre eine mögliche Ausleihe zu einem unterklassigen Verein eine gute Möglichkeit, um Wettkampfpraxis in Regelmäßigkeit zu erhalten. Alle drei Jungs sind sehr engagiert, was erstmal eine gute Basis ist, um sich weiterzuentwickeln.
Max Erdmann, hat eine gute technische Ausbildung erhalten, was er auch in den Trainingseinheiten angedeutet hat. Leider konnte er sein Potenzial in den Spieleinsätzen noch nicht abrufen, die er erhalten hat. Leonhard Wolf ist ein intelligenter Spieler, der immer wieder den Ball fordert, anspielbar ist und Fußball spielen möchte. Dass er die zweitmeisten Spielminuten hat, zeigt, dass er hier angekommen ist. Natürlich unterliegt auch er gewissen Leistungsschwankungen, die aber auch für junge Spieler normal sind. Alexander Irwin, den wir nach der Verletzung von Stefan Tröger noch verpflichten konnten, hat sich sofort ins Team reingespielt. Auch er war ein Baustein, um die Defensive zu stabilisieren. Er ist sehr kopfballstark, bringt sich trotz der Sprachbarriere ins Team ein und will ständig dazu lernen. Jakob Funken, den wir als ,Allrounder‘ vom FC Eilenburg geholt haben, konnte leider sein Leistungsvermögen aufgrund einer langwierigen Verletzung noch nicht unter Beweis stellen. Hier hoffe ich, dass er schnell fit wird und sein Potenzial abrufen kann.“
FC Grimma: Speziell mit Christoph Jackisch und Oliver Kurzbach stehen zwei arrivierte Spieler seit Sommer nicht mehr zur Verfügung. Der Kader wurde seitdem wiederum stark verjüngt. Wie schätzt Du den aktuellen Kader im Vergleich zu den Vorjahren ein?
Alexander Kunert: „Natürlich wäre es schön, wenn man die genannten Spieler schon aufgrund Ihrer Erfahrung als Alternative hätte. Aber dass sie nicht mehr zur Verfügung stehen, hat ja bekannte Gründe. Außerdem wäre es zu einfach und dies ist auch nicht meine Art, um damit die Qualität der aktuellen Mannschaft in Frage zu stellen. Ich glaube, dass der Vergleich über die Qualität des jetzigen Kaders mit denen der Vorjahre zu schwierig ist, da es diverse unterschiedliche Parameter gab und gibt. Dass der Kader stark verjüngt wurde, kann man so unterstreichen!
FC Grimma: Aufgrund der Corona-Pandemie liegt derzeit nicht nur der Spielbetrieb, sondern auch das Gemeinschaftstraining im Husaren-Sportpark auf Eis. Wie gestaltet sich die aktuelle Trainingsgestaltung Deiner Jungs?
Alexander Kunert: „Gemeinschaftstraining findet derzeit nur virtuell statt. Das heißt, dass wir bis dato zweimal in der Woche Stabilisations- und Kräftigungstraining online durchgeführt haben. Des Weiteren haben die Jungs einen Plan für Laufeinheiten erhalten, den sie individuell absolvieren sollen. Mir ist bewusst, dass dies kein Mannschaftstraining auf dem Platz ersetzt, aber komplett runterzufahren – das wäre fatal! Natürlich werden wir trotzdem eine trainingsfreie Zeit über Weihnachten und den Jahreswechsel haben.“
FC Grimma: Was ist Deine persönliche Meinung bezüglich der Corona-Situation? Geht die Saison weiter? Wenn ja, wann? Was denkst Du, gibt es diesbezüglich irgendwelche Einschränkungen?
Alexander Kunert: „Ehrlich gesagt, nervt mich persönlich das Thema einfach nur noch. Es kommt mir so vor, als gibt es nichts anderes mehr – leider! Ich möchte niemanden zu nahetreten, aber respektiert bitte jeden Einzelnen seine Entscheidung – egal ob geimpft oder ungeimpft! Eine Spaltung der Gesellschaft ist nicht gut!
Gerade der Fußballsport hat die Fähigkeit der Vergesellschaftung. Fußball schafft ein ,Wir-Gefühl‘, formt Gemeinschaften. Fußball ist der Sport ganzer Nationen, hebt kulturelle und gesellschaftliche Grenzen auf und schafft völlig neue Formen sozialer Verbundenheit – egal in welcher Liga. Deshalb ist es für mich auch völlig unverständlich, warum wir als Amateure nicht mehr trainieren und spielen dürfen, jedoch die Profis schon!
Ich wünsche mir, dass es weitergeht und wenn dann auch möglichst schnell. Ob der Termin Ende Januar/Anfang Februar des kommenden Jahres realisiert werden kann, wage ich zu bezweifeln. Wichtig wird auch sein, unter welchen Voraussetzungen weitergespielt werden kann – allen voran, dass am Ende niemand benachteiligt wird. Dies ist alles sehr schwierig. “
FC Grimma: Wird sich in der Winterpause am Gesicht der Mannschaft irgendetwas ändern? Sind personelle Änderungen im Team geplant?
Alexander Kunert: „Wir haben natürlich die bisherige Saison analysiert. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass der aktuelle Kader das Potenzial für Oberliga-Fußball hat. Wie schon erwähnt, wurde der Kader stark verjüngt, was sich auch teilweise in kritischen Phasen des Spiels bemerkbar gemacht hat. Da fehlte uns klar eine Art ,Leader-Figur‘ auf dem Feld, der die Fähigkeit besitzt, auf diverse Situationen und natürlich auch auf die eigenen Spieler Einfluss zu nehmen – besonders in den hektischen Phasen.
Ob sich am Kader etwas ändern wird, bleibt abzuwarten. Wir sind im engen Austausch mit einigen möglichen Kandidaten.“
FC Grimma: Ehe es wieder mit dem Spielbetrieb losgehen wird, ist natürlich eine gewisse Vorbereitungszeit notwendig – schließlich beginnt man ja wieder bei null. Was hältst Du für eine angemessene Zeitperiode, um einigermaßen wieder für den Wettkampf gerüstet zu sein?? Sind Testspiele in dieser Zeit geplant?
Alexander Kunert: „Aufgrund der aktuellen Lage ist eine genaue Zeitangabe schwierig. Schließlich weiß man nicht, wie sich die nächsten Wochen entwickeln, welche politischen Beschlüsse gefasst werden und wie sich diese auf uns als Männermannschaft auswirken. Wenn alles ,normal‘ wäre, denke ich, dass eine Vorbereitungszeit im Winter von vier Wochen ausreichend ist – mit diversen Trainingseinheiten sowie Testspielen. Der Plan ist/war, am 05.01.2022 wieder mit dem Training zu beginnen. Testspiele sind geplant.“
FC Grimma: Worin liegt Dein Fokus für den Re-Start? Was sind die Ziele mit der Mannschaft für den Rest der Saison?
Alexander Kunert: „Ganz klar liegt der Fokus im physischen Bereich. Das heißt, alle Spieler fit zu bekommen, natürlich mit fußballspezifischen Mitteln und wenn möglich, dass alles mit Ball absolviert wird. Weiterhin müssen wir an unseren Prinzipien weiterhin arbeiten – an den wichtigen vier Phasen im Spiel. Diese sind das Verhalten bei Ballbesitz, bei Ballverlust, bei kontrolliertem Ballbesitz des Gegners sowie bei Ballgewinn. Primär muss es jedem Einzelnen gelingen, in Sachen Mentalität Fortschritte zu erzielen und die innere Selbstzufriedenheit abzulegen – sprich, sich nicht mit dem Erreichten zufriedenzugeben. Sollte uns dies das gelingen, werden wir das oberste Ziel, den Klassenerhalt, erreichen, welcher zur jetzigen Zeit über Allem stehen muss.“
FC Grimma: Seit Sommer 2018 bist Du nun Trainer des Herrenteams. Wie lautet Dein Resümee von Deinem Amtsantritt bis heute?
Alexander Kunert: „Wenn man die drei Jahre im Rückspiegel betrachtet, kann ich mit Stolz auf viele positive aber auch auf einige negative Erlebnisse zurückblicken. Der Aufstieg in die Oberliga, gleich zum Anfang meiner Trainertätigkeit im Herrenbereich – dieses Gefühl ist bzw. bleibt unbeschreiblich und fühlt sich heute noch etwas surreal an. Für mich war dies auch ein besonderer Moment, eine Art inneren Frieden zu schließen, da ich im Jahr 2006 mit dem Abstieg aus der Oberliga nicht ganz ,unschuldig‘ daran war. Die vergangene Zeit möchte ich nicht missen. Die unzähligen Stunden mit den Jungs auf dem Platz, gemeinsame Siege zu feiern, aber auch nach Niederlagen nicht aufzugeben, treibt mich voran, auch wenn dabei viele Dinge im Umfeld auf der Strecke bleiben oder teilweise zu kurz kommen.
Nun geht mein Blick voraus. Meine Vereinbarung läuft in einem halben Jahr, zum 30.06.2022, aus. Bis jetzt gab es noch keine Gesprächssignale seitens des Vereins. Aber es ist ja auch noch nicht 5 vor 12. Unabhängig wie es mit meiner Person im Sommer weitergeht, werde ich mich Anfang des neuen Jahres für die A-Lizenz-Ausbildung bewerben, um auch auf diesem Weg eventuell den nächsten Schritt zu machen.“
FC Grimma: Vielen Dank für das freundliche Gespräch und für Dich und Deiner Familie ein frohes Weihnachtsfest sowie einen Guten Rutsch ins neue Jahr!!
Alexander Kunert: „Das wünsche ich auch. Allen voran den Fans, Sympathisanten und Partnern des FC Grimma ein besinnliches Weihnachtsfest und für 2022 gemeinsamen Erfolg!“
Interview: Tom Rietzschel