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Grimmaer Talente – im Herren-Bereich höherklassig Fuß gefasst – Folge 2: Moritz Schulze

Beim letztjährigen Mercedes-Benz Junior Cup 2020 schlug seine große Stunde: Beim traditionellen, international hochwertig besetzten Hallenturnier der A-Junioren im baden-württembergischen Sindelfingen erreichte Bundesligist RB Leipzig auf dramatische Art und Weise das Endspiel, als die Messestädter sich erst Rapid Wien geschlagen geben mussten. Einer, der einen entscheidenden Beitrag über das grandiose Abschneiden der Leipziger leistete, stand zwischen den Pfosten. Moritz Schulze (19), bis zu den B-Junioren beim FC Grimma und dessen Vorgängerverein SV 1919 ausgebildet, wurde in diesem damals von Sport1 live übertragenen Hallenturnier mit großem Abstand zum besten Torhüter ausgezeichnet und erfreute damit so manchen Freund, Bekannten oder ehemaligen Mitspieler an der heimischen Mulde. Nachdem im Sommer  2020 seine Nachwuchszeit endete, verließ er RB Leipzig und gehört in seinem ersten Männerjahr nun dem Kader des Zweitligisten SC Paderborn 07 an.

Im Alter von fünf Jahren begann Moritz Schulze beim SV 1919 Grimma dem runden Leder nachzujagen. Bei den Bambinis unter den Trainern Lutz Weyde und Mario Banko machte er seine ersten Schritte auf dem grünen Rasen, auch bei den F-Junioren unter der Leitung von René Zimmermann, Manfred Panke und René Kaiser von Thun spielte er ebenfalls noch im Feld. Nach diesen ersten vier Jahren kam dann der erste Einschnitt seiner noch sehr jungen Fußballerkarriere. Bei einem Spiel gegen den 1. FC Lokomotive Leipzig war kurzfristig der Torhüter verhindert – für Schulze der Beginn einer neuen Zeitrechnung. „Unser E-Jugend-Trainer Uwe Schöne beorderte mich daraufhin zwischen die Pfosten“, blickt der heute 19-Jährige mit einem leicht verschmitzten Lächeln zurück. „Seit diesem Spiel blieb ich im Tor. Im Nachgang muss ich Uwe Schöne diesbezüglich sehr dankbar sein, da ich nicht weiß, ob ich mich auch als Feldspieler so entwickelt hätte.“ Auch sein damaliger Trainer erinnert sich: „Es stimmt, aufgrund der damaligen Personalsituation hatte ich Moritz ins Tor gestellt. Ich freue mich sehr über seine sportliche Entwicklung und verfolge natürlich seinen Werdegang. Es hat mir damals jeden Tag sehr viel Spaß gemacht mit ihm zu arbeiten. Der Junge besitzt einen tollen Charakter, ist sehr gut erzogen und total sympathisch. Auch bis zum heutigen Tag ist er extrem bodenständig geblieben – wenn ich jemandem diese außergewöhnliche sportliche Karriere gönne, dann Moritz.“

Nachfolgend durchlief Schulze in Grimma die Altersklassen der D- und C-Junioren, wo ihm die Übungsleiter Rico Huber und Daniel Kurzbach das nötige Rüstzeug für die kommenden Jahre vermittelten. Der nächste wichtige Schritt in seiner Karriere folgte in der C-Jugend, wo für Moritz Schulze das Spiel im Großfeldbereich begann. „Dort machte er einen riesigen Sprung nach vorn“, berichtet sein damaliger Trainer Daniel Kurzbach, der heute den FC Grimma als Vorstandsvorsitzender führt. „In Sachen Einstellung machte er extreme Fortschritte, zusätzlich war er sehr trainingsfleißig und war sowohl in den Einheiten als auch im Wettkampf immer am Anschlag.“ Auch dank eines oftmals überragenden Moritz Schulze zwischen den Pfosten gelang dem FC Grimma sowohl in der Saison 2014/15 als auch in der Spielserie 2015/16 der Klassenerhalt in der Landesliga der C-Junioren. Auch in seiner ersten B-Jugend-Spielzeit, der Saison 2016/17, wusste der Schlussmann mit überdurchschnittlichen Leistungen zu überzeugen – auch hier sollte der Landesliga-Klassenerhalt bei den B-Junioren in souveräner Art und Weise erreicht werden. Schon damals bestach der Kapitän der Grimmaer Mannschaft im Wettkampf durch unglaubliche Reaktionen auf der Linie sowie durch eine sehr gute Antizipation, so dass er durch sein gutes Mitspielen seinen Torhüter-Kollegen im Land Sachsen um Einiges voraus war. Dies blieb natürlich auch den Verantwortlichen der Sachsen-Auswahl nicht verborgen, so dass Moritz Schulze unter den Trainern Jörg Wunderlich und Nico Knaubel zu mehreren Lehrgängen berufen wurde.

Aufgrund seiner sehr konstanten und oftmals überdurchschnittlichen Leistungen kam der junge Torhüter alsbald natürlich fast logisch in das Blickfeld von ambitionierten Leistungszentren. Im Sommer 2017 sollte dann nahezu folgerichtig der nächste Schritt in der Karriereleiter Schulzes folgen. „Nach einem Testspiel zwischen der Grimmaer U17 und der U15 von RB kam der damalige Leipziger Torwart-Koordinator Eberhard Trautner auf mich zu“, berichtet Schulze. „Er erzählte mir, dass RB für die U16 und U17 noch einen Trainingstorhüter sucht und ich absolut in dieses Anforderungsprofil passen würde. Dies war für mich natürlich sehr reizvoll, zumal ich mich in Leipzig diesbezüglich sportlich weiterentwickeln hätte können.“ Nach intensiven Gesprächen mit seiner Mutter und mit seinem Grimmaer Trainer Daniel Kurzbach fand man kurzerhand eine Lösung, welche für alle Beteiligten gerecht wurde. „Vereinbart wurde damals, dass ich bis Jahresende 2017 jede Trainingseinheit bei RB absolviere und am Wochenende für den FC Grimma die Landesliga-Spiele absolviere.“ So kam es dann auch. In der Hinrunde kam Schulze noch in allen Landesliga-Begegnungen seiner Grimmaer B-Jugend-Mannschaft zum Einsatz, ab Januar 2018 schnürte er die Töppen endgültig für RB Leipzig. Für die Muldestädter war dieser Verlust damals natürlich sehr schmerzlich, doch FC-Trainer Kurzbach war auf andererseits schon stolz, dass ein einheimischer Kicker im Notizblock eines solch ambitionierten Vereins auftauchen sollte. „Solch eine Chance würden wir einem Spieler niemals verbauen“, so der heutige Grimmaer Vorstandsvorsitzender.

Ein Jahr vor seinem Vereinswechsel zu RB Leipzig kam Schulze dann noch zu einer besonderen Berufung. Beim traditionellen Grimmaer Hallenturnier für Herrenmannschaften gab er, damals 15-jährig, sein Debüt im Männerbereich. „Der damalige Teammanager Tom Rietzschel kontaktierte mich und nach dessen Rücksprache mit Daniel Kurzbach durfte ich abends mit einer Sondergenehmigung spielen“, erinnert sich Schulze, als wenn es erst gestern gewesen wäre. Und nicht nur das – mit einer überwältigenden Mehrheit wurde der Youngster als bester Keeper des Turniers ausgezeichnet und ebnete mit seinen Leistungen den Grundstein für den damaligen Grimmaer Turniersieg.

Endgültig bei RB Leipzig angekommen, begann für Moritz Schulze dann eine neue Etappe in seinem fußballerischen Werdegang. Die Anforderungen wurden höher, das Training intensiver sowie qualitativ dementsprechend anspruchsvoller und natürlich war auch die Konkurrenzsituation eine andere als in Grimma. Diesbezüglich hatten seine Konkurrenten Niclas Müller und Jan Eyrich einen kleinen Vorsprung, doch wie Schulze sich tagtäglich im Training weiterentwickelte, verblüffte nicht nur seinen neuen Trainer Alexander Blessin. „Es war schon Wahnsinn, wie sich Moritz bei uns entwickelte. Er war im Training vom Ehrgeiz besessen und hat sich stetig verbessert. Weiterhin besitzt er einen sensationellen Charakter und hat sich daher vom ersten Tag an blendend bei uns eingefügt.“ Als Belohnung durfte Schulze im Halbfinale des sächsischen Landespokal spielen, als RB beim 1. FC Lokomotive Leipzig mit 5:1 nach Verlängerung gewann.

In seiner ersten Saison im A-Jugend-Bereich musste sich Schulze dann mit Julian Krahl und abermals mit Eyrich sowie Müller im Kampf um das RB-Gehäuse duellieren. Als junger Jahrgang hatte er es dementsprechend schwer, doch auch in dieser Phase blieb sein Ehrgeiz und sein Trainingsfleiß ungebrochen. Trainer Blessin erinnert sich: „Vor allem in der Strafraumbeherrschung, im Eins-gegen-Eins sowie fußballerisch machte er hier den nächsten Schritt nach vorn.“ In der Bundesliga-Partie beim TSV Havelse schlug dann seine Stunde – eine Chance, die er mehr als zu nutzen verstand. „Wir gewannen dort mit 1:0, Moritz spielte eine überragende Partie und hielt uns mit einem gehaltenen Elfmeter den Sieg fest“, so Blessin. Zusätzlich durfte er im Sachsenpokal zwei Begegnungen spielen, als er in Plauen (4:1/Achtelfinale) und beim Chemnitzer FC (2:0/Halbfinale) seinen Beitrag für den Sieg der Leipziger im Sächsischen Landespokal leistete.

In der vergangenen, seiner letzten Nachwuchs-Spielzeit, konnte sich Moritz im RB-Gehäuse dann endlich beweisen. Hier absolvierte er die Hälfte aller Bundesliga-Partien, sowie weiterhin das Achtelfinale im DFB-Pokal, als man dem VfB Stuttgart daheim allerdings deutlich mit 2:5 unterlag. Unvergessen waren für ihn allerdings seine beiden Einsätze in der UEFA Youth League – der Champions League für A-Junioren-Teams. Hier stand er sowohl in der Heimpartie gegen Benfica Lissabon (0:3) als auch im Auswärtsspiel bei Olympique Lyon (0:1) im Leipziger Tor. „Auch wenn beide Spiele letztlich verloren gingen, waren dies unvergessliche Erfahrungen“, so Schulze. Weiterhin sorgte er beim Mercedes-Benz Junior Cup in Sindelfingen für Furore, als er, wie bereits erwähnt, zum besten Torhüter dieses Hallenturniers gewählt wurde. „Insgesamt kann ich nur positiv über Moritz berichten“, so sein Leipziger Trainer Alexander Blessin. „Wäre er eher zu uns gekommen, wäre er sicherlich jetzt noch besser. Er hat riesige Fortschritte gemacht, was man auch darin verdeutlichen kann, dass er nicht umsonst teilweise in den Trainingseinheiten unserer Herren-Bundesliga-Mannschaft teilnahm. Aufgrund seiner positiven und sehr schnellen Entwicklung traue ich ihm für die nächsten Jahre sogar noch mehr zu.“ Auch aufgrund dieses Leistungssprungs wurde Schulze dann für andere Lizenzvereine natürlich interessant. Die Konkurrenz bei den Profis bei RB Leipzig war jedoch riesig, so dass man sich auch mit anderen Optionen beschäftigt hatte. Dabei lag ihm auch ein Angebot der Leipzigern vor, doch entschied er sich letztlich für eine neue Herausforderung.

„So kam der Torwarttrainer des SC Paderborn 07, Nico Burchert, irgendwann auf mich zu und machte mir den Wechsel nach Ostwestfalen schmackhaft“, so der 19-Jährige. „So reiste ich mit meinem Berater Jonny Arnold wenig später nach Paderborn, wobei die Anreise aufgrund des Sturmtiefs „Sabine“ recht beschwerlich war. Es waren insgesamt sehr gute Gespräche, worauf ich daraufhin im Sommer zum SC Paderborn 07 gewechselt bin. Insgesamt betrachte ich dies als nächsten guten Schritt.“ Natürlich ist auch beim Bundesliga-Absteiger die Konkurrenz auf der Torhüter-Position mit Leopold Zingerle und Jannik Huth insgesamt recht groß, doch hat Schulze in Ostwestfalen sehr gute Möglichkeiten zu wachsen, Erfahrungen zu sammeln und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. In bisher neun Zweitliga-Begegnungen nahm er bisher auf der Reserve-Bank Platz, weitere Erlebnisse im Zweitliga-Bereich wurden durch zwei Verletzungen gestoppt. „Zunächst erlitt ich im Training bei einem Zusammenprall einen Nasenbeinbruch, kurz darauf riss ich mir, abermals in einer Übungseinheit, im Sprunggelenk das Außenband“, berichtet Schulze. Aufgrund dieser Verletzungen konnte er die für einen Torhüter so wichtige Spielpraxis im Reserve-Team nicht bekommen – als er wieder fit war, wurde auch der Spielbetrieb in der Westfalen-Liga von der aktuellen Corona-Pandemie ausgebremst. Nichtsdestotrotz ist er im Team des SC Paderborn 07 komplett angekommen, seine offene und sympathische Art kam sofort gut an. „Moritz hat eine sehr gute und schnelle Entwicklung bei uns genommen. Er gewöhnt sich immer mehr an die Geschwindigkeit in der 2. Bundesliga und arbeitet mit unserem Torwarttrainer Nico Burchert sehr gut zusammen“, so Paderborns Trainer Steffen Baumgart. „Als Person ist er offen, klar und leistungsmäßig fokussiert. Moritz hört zu und setzt die angesprochenen Dinge gut um. Auch deshalb ist er noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung.“

Direkt in Paderborn wohnhaft, versucht Moritz Schulze jedoch – trotz der täglichen Trainingseinheiten und der hohen Belastung – den Kontakt in seine Heimat aufrechtzuerhalten. „Der Kontakt zu meiner Mutter nach Grimma ist natürlich fast tagtäglich vorhanden. Weiterhin versuche ich, bei zwei trainingsfreien Tagen am Stück, immer mal den Weg an die Mulde zu finden und meine Familie zu besuchen. Allerdings ist dies gerade schwierig, Corona tut gerade ja bekanntlich ihr Übriges.“ Über die sportliche Entwicklung seines Ausbildungsvereins ist Schulze natürlich weiterhin bestens informiert.

 

 

Steckbrief

 

Name, Vorname:          Schulze, Moritz

 

Geburtsdatum:            22.03.2001

 

Geburtsort:                  Grimma

 

Familienstand:             ledig

 

bisherige Vereine:       SV 1919 Grimma (07/2006 – 06/2009), FC Grimma (07/2009 – 12/2017), RB Leipzig (01/2018 – 06/2020), SC Paderborn 07 (seit 07/2020)

 

Bericht: Tom Rietzschel / Foto: SC Paderborn 07