Sein Waterloo erlebte der FC Grimma am Sonnabendnachmittag beim FC Oberlausitz Neugersdorf. Doch während Napoleon sich vor knapp 205 Jahren bis kurz vor dem Ende der Auseinandersetzung auf Augenhöhe mit seinem englischen Gegenüber Wellington bewegte, stand der Neu-Oberliga bei der samstäglichen 1:8-Demontage gegen den Regionalliga-Absteiger von Anbeginn an in der Sparkassen-Arena Oberlausitz auf verlorenem Posten. Tröstlich für FC-Coach Alexander Kunert und die Seinen: Während der französische Kaiser nach seiner Niederlage endgültig abdanken und den Weg in die Verbannung auf die Atlantikinsel St. Helena antreten musste, hat der Staffel-Neuling hinsichtlich des Klassenerhalts trotz der deutlichen Klatsche noch alles selbst in der Hand. Für die Aufarbeitung dieser aus Grimmaer Sicht desaströsen 90 Minuten dürfte der FC-Coach aber in dieser Woche mit Sicherheit deutlich mehr Zeit einplanen als unter normalen Voraussetzungen.
„Ich bin natürlich maßlos enttäuscht und fassungslos über den katastrophalen Auftritt meiner Mannschaft, die sich wie eine F-Jugend präsentiert hat“, so Kunerts knappes Resümee. „In der Bundesliga würde man von einer Arbeitsverweigerung sprechen.“ Der Gastgeber war über die kompletten 90 Spielminuten das bessere Team und hatte die Partie voll im Griff. Die Gäste ihrerseits hatten von der ersten Spielminute an keinen Zugriff und schienen noch im Mannschaftsbus zu sitzen, als Neugersdorf bereits auf die Siegerstraße abbog. Mit zahlreichen Ballverlusten und lediglich zwei echten Tormöglichkeiten leisteten die Grimmaer Kicker der Klatsche zusätzlich Vorschub. Schon früh gerieten die Gäste von der Mulde, die auf die kurzfristig erkrankten Vincent Markus, Oliver Kurzbach und Max Gregor Ziehm verzichten mussten, ins Hintertreffen. Jan Sisler war es auf Neugersdorfer Seite vorbehalten, den Torreigen in der 14. Spielminute zu eröffnen. Und der defensive Mittelfeldmann mit tschechischem Pass war es auch, der keine neun Minuten später auf 2:0 erhöhte, bevor sein Landsmann Jakub Moravec sechs Minuten vor dem Pausenpfiff mit dem 3:0 eine Vorentscheidung herbeiführte.
Dass auch im zweiten Spielabschnitt keine echte Gegenwehr der Gäste erkennbar war, lag nicht unwesentlich daran, dass sowohl Felix Käseberg als auch Jan Hübner einen rabenschwarzen Samstagnachmitttag erwischten, an dem die Neugersdorfer im zweiten Spielabschnitt innerhalb von lediglich 180 Sekunden zwischen den Spielminuten 57 und 60 aus dem 3:0 durch zwei Mal Mohamed Djahdou und erneut Jakub Moravec ein 6:0 machten. Christoph Jackischs Strafstoßtor in der 67. Spielminute vermochte lediglich für einen Augenblick das Ergebnis aus Grimmaer Sicht zumindest optisch etwas erträglicher zu gestalten, bevor die Gäste in Person von Kevin Bönisch in der 72. und noch einmal Jan Sisler in der 88. Spielminute das Ergebnis weiter in die Höhe schraubten.
Die Chance zur Wiedergutmachung bietet sich dem Staffel-Neuling am kommenden Sonntag. Allerdings bedarf es beim neuen Staffel-Spitzenreiter Carl Zeiss Jena II - 1:0 gegen den VfL Halle, während die Partie des bisherigen Tabellenführers Luckenwalde beim FC Inter Leipzig abgesagt wurde - einer deutlichen Leistungssteigerung, um zum einen ein ähnliches Debakel verhindern und im besten Fall sogar etwas Zählbares aus Thüringen mitnehmen zu können.Roger Dietze
Becker , Käseberg (46. Sommer), Maruhn, Bartsch, Konzok, Jackisch, Tröger, Brand, Hübner (46.Ziffert), Wiegner (73. Koch), Ruppelt
Tore: 1:0 Sisler (14.), 2:0 Sisler (25.), 3:0 Moravec (39.), 4:0 Djahdou (57.), 5:0 Moravec (59.), 6:0 Djahdou (60.), 6:1 Jackisch (67.), 7:1 Bönisch (72.), 8:1 Sisler (88.)
Bericht: Roger Dietze / Fotos: Karsten Hannover