Nach dem fulminanten Saisonstart mit Siegen gegen Bernburg und Internationale Leipzig wollten die Kunert-Schützlinge auch am Samstag gegen den Regionalliga-Absteiger Oberlausitz Neugersdorf
bestehen, und möglichst punkten. Was dann am Ende nach den 90 gespielten Minuten heraus kam, wirkte schon irgendwie etwas surreal. Als Marcel Riemer zum Schlusspfiff in seine Pfeife pustete,
zeigte die imaginäre Anzeigentafel im Grimmaer Stadion der Freundschaft ein 4:1 für die Muldestädter. Manch einer musste sich kurz kneifen lassen, andere rieben verdutzt ihre Augen - das Erlebte
war aber real. Mit dem Sieg gegen Neugersdorf ist der Aufsteiger FC Grimma endgültig in der Oberliga angekommen. Am 24.11.2018 gab es gegen Radebeul die letzte Niederlage der Kunert-Mannen -
damit sind sie saisonübergreifend insgesamt 20 Spiele ungeschlagen. Der jüngste Sieghattrick in der Oberliga bescherte den Grimmaern zumindest bis Sonntag die Tabellenführung. Das sind
Superlative die sich die Mannschaft selbst geschaffen hat, und noch möglichst lange genießen sollte. Denn auch Kunert ist sich bewusst, dass es keine Einbahnstraße ist: "Ich bin richtig stolz auf
meine Mannschaft. Jeder Einzelne darf den Moment genießen, und heute auch mal abschalten. Am Montag geht es aber wieder auf den Trainingsplatz, wo wir für unseren Erfolg weiter hart arbeiten
müssen." Kunert tritt damit gleich wieder auf die Euphoriebremse damit keiner abhebt. Der FC Grimma tut gut daran seiner Philosophie treu zu bleiben.
In den ersten Minuten entwickelte sich ein Spiel zwischen den Strafräumen wo beide Mannschaften keine größeren Offensivakzente setzen konnten. Hübner versuchte sich an einer Flanke auf Wiegner,
dessen Hals aber einige Centimeter zu kurz war. (6.) Auf der anderen Seite musste Nico Becker mächtig hinlangen damit Jakub Moravec nicht der erste Torschütze des Tages wird. Ein Fehlabspiel
eines Grimmaer Verteidigers brachte ihn zuvor in Position. (23.) Nachdem Moravec es später nochmal per Freistoß versuchte (35.), wollten die Grimmaer es ihrerseits wieder über Hübner und
Wiegner tun. Dieses mal war auch der Hals von Wiegner nicht zu kurz, sein Kopfball nach der Hübner-Flanke ging trotzdem knapp vorbei. (37.) Besser machte es Christoph Jackisch der sich einfach
ein Herz fasste, und mit seinem linken Fuß abzog. Havranek im Neugersdorfer Tor konnte dem am linken Innenpfosten einschlagenden Ball nur noch ehrfürchtig hinterherschauen - 1:0 für Grimma (38.)
Und weil es so schön war wollte er es nochmal tun: mit einer Körpertäuschung lässt er drei Oberlausitzer stehen und trifft kurz vor dem Pausenpfiff zum 2:0. (45.) Wahrscheinlich hatte sich
bis Neugersdorf noch nicht herumgesprochen, dass Jackisch sein linker Fuß eine Waffe ist.
Kunert appellierte in der Halbzeit an seine Spieler jetzt nicht nachzulassen, und weiter drauf zu gehen. Denn wie sein Team im ersten Spielabschnitt den Gegner verteidigte war ganz großes Kino,
und der Schlüssel zur Pausenführung. Mit Max Gregor Ziehm brachte Kunert für Jasper Hoffmann einen ehemaligen Oberlausitzer, der natürlich für dieses Spiel besonders motiviert war. Das Kevin
Wiegner nicht der langsamste Spieler im Grimmaer Kader ist hatte mittlerweile auch Neuzugang Ziehm erkannt, und setzte einen Kopfball mustergültig in seinen Lauf. Zwei Oberlausitzer Verteidiger
konnten das Laufduell nicht gewinnen und Wiegner blieb Sieger. Auch gegen Havranek behielt er die Nerven und schob die Kugel ins lange Eck - 3:0 für Grimma. (50.) Der große Kampf und das hohe
Tempo insbesondere in der ersten Halbzeit hatten bei den Muldestädtern allerdings Spuren hinterlassen, so dass die Oberlausitzer nun wieder mehr und mehr ins Spiel kamen. Es entwickelte sich eine
richtige Druckphase auf das Grimmaer Tor. Mit seinem Anschlusstreffer zum 1:3 setzte Josef Marek nochmal zusätzlich Kräfte in seinem Team frei. (59.) Nur eine Minute später hätte Shan Sahnazarjan
fast den zweiten Lausitzer Treffer erzielt, und wahrscheinlich eine richtig heiße Schlussphase eingeläutet. (60.) Aus Grimmaer Sicht trudelte sein Ball aber glücklicherweise am linken Pfosten
vorbei. Auf beiden Seiten gab es nochmal Chancen doch den Schlusspunkt sollte Grimma setzen. In Jackisch-Manier, nur mit seinem rechten Fuß, täuschte Kevin Ruppelt seine Gegenspieler und zog von
der Strafraumgrenze einfach ab.(89.)
Der Jubel nach dem Schlusspfiff war natürlich auf Grimmaer Seite groß. Mit dem Sieg verdrängte man Neugersdorf vom Spitzenplatz und kann zumindest für eine Nacht von der Spitze der
Oberligatabelle grüßen. So konnte auch mal wieder das aus der Landesliga so gern und so oft gerufene "Spitzenreiter, Spitzenreiter...." im Grimmaer Mannschafts-Kreis angestimmt werden. In Grimma
hat man sich seit dem Umbruch im letzten Jahr etwas Nachhaltiges geschaffen. Das dürfte auch dem beim Spiel anwesenden Vorsitzenden Frank Weike Genugtuung bereiten.
Text: Matthias Wohllebe
Bilder: Karsten Hannover